Montag, 30. Juni 2008
Vize
Nun, wer das Finale gestern gesehen hat, der darf und kann nicht mehr traurig sein. Eine übermächtige, überlegene spanische Mannschaft zeigte den ästhetischen Fußball, den man spielen muss, um sich verdient Euromeister 2008 zu nennen. Das Ergebnis von 1:0 schmeichelt eher noch unserer Elf, die sich nach dem Turnierverlauf mit dem Vize-Titel glücklich schätzen darf. In Wien war sie in diesem Finale chancenlos. Ein toller Sieg der spielerisch sehr gut aufgelegten Iberer hat unseren Europameisterschaftshelden klar ihre Grenzen aufgezeigt. "Wir haben unseren Platz in Europa gefunden", durfte der Siegtorschütze der Spanier, Fernando Torres, angesichts des ersten Titelgewinns der Seleccion nach 44 Jahren behaupten. Campeones! Was sie sich vorgenommen hatten: "Nosotros venceremos - wir werden siegen", das traf am Ende zu. Nach der Niederlage gibt es für Jogi in Zukunft noch viel zu arbeiten, obwohl sich alle einig sind, dass bei unseren Spielern noch einiges an Potenzial drin steckt. Wir werden sehen.
Da war morgens die Welt noch in Ordnung und Lucki voll vom Fanfieber erwischt. Für ihn galt auch noch nach dem Spiel ...
Wer singen lernt in Niederlagen, wird auch das Glück des Siegs ertragen.
Emanuel Geibel (1815-1884) deutscher Lyriker
Sonntag, 29. Juni 2008
Warum Spanien nicht singen kann
Auch heute im Finale der Europameisterschaft, werden die Kameras bei den spanischen Nationalspielern keine Lippenbewegungen beim Abspielen ihrer Nationalhymne einfangen können.
Marcha Real („Königlicher Marsch“) ist die Nationalhymne von Spanien. Sie ist aber eine der wenigen Nationalhymnen ohne Text.
Die spanische Nationalhymne ist eine der ältesten in Europa, der Ursprung ist unbekannt. Erstmals erwähnt wird sie in einem Dokument von 1761, "Libro de Ordenanza de los toques militares de la InfanterÃa Española" von Manuel de Espinosa mit dem Titel Marcha Granadera (Grenadiermarsch), allerdings ohne Nennung eines Komponisten.
Im Juni 2007 beschloss man in Spanien, dass es Zeit sei, der spanischen Nationalhymne nach über 250 Jahren endlich einen Text zu geben, denn gerade die Sportler waren es, die dies z.B. bei Oympischen Spielen bemängelten. Folglich hatte man einen Wettbewerb ausgeschrieben. Aus über 7000 Einsendungen wählte die zuständige Jury auch einen aus. Vorgestellt wurden alte Melodie und neuer Text am 21. Januar 2008 auf einer Sportgala in Madrid, gesungen von keinem Geringeren als dem spanischen Startenor José Plácido Domingo.
¡Viva España! / Cantemos todos juntos / con distinta voz / y un solo corazón.
Hoch lebe Spanien! / Lasst uns gemeinsam singen / mit verschiedenen Stimmen / und einem Herzen. ....
Als Autor wurde ein 52 Jahre alter Arbeitsloser vorgestellt. Er habe einen Text für die gewöhnlichen Bürger schreiben wollen. Die Regierung und die Opposition kritisieren die Strophen jedoch als zu nationalistisch und als eine Erinnerung an die Franco-Diktatur. Sie distanzierten sich von dem neu geschaffenen Werk.
In der Bevölkerung stieß der als banal und veraltet kritisierte Text ebenfalls auf wenig Begeisterung.Â
So bleibt den Nationalspieler auch heute nur ein leises Mitsummen, wenn die Nationalhymne ihres Heimatlandes vor dem Finale erklingt.
Samstag, 28. Juni 2008
...und wir düsen
... und wir düsen, düsen, düsen, im Sauseschritt
und bringen die Liebe mit von unserem Himmelsritt.
Heute geht es Richtung Dresden mit LH 858 Ankunft 8:10 Uhr.
Das Wetter dort wird nicht so berauschend sein, es soll ich aber im Laufe der nächsten Tage bessern. Schaun wir mal, was unsere Gastgeber für uns geplant haben;-)) Wir freuen uns auf eine schöne Woche in Sachsen.
Euch einen glücklichen Samstag und gelungene Vorbereitungen für das Finale.
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Nimm dir Zeit, den Himmel zu betrachten. Suche Gestalten in den Woken. Höre das Wehen des Windes und berühre das kalte Wasser. Gehe mit leisen, behutsamen Schritten. Wir sind Eindringlinge, die nur für kurze Zeit geduldet werden.
Indianische Weisheit
Freitag, 27. Juni 2008
Baumschön
Seit einigen Wochen ziert ein neues Bildhauerobjekt von Roger Löcherbach an der Cranger Straße ein Wohnhaus in GE, das die "Baumblicke"Â der Passanten auf sich zieht. Nach langem Hin und Her wurde der Blutahorn, dessen Wurzeln die umgrenzede Mauern eingerissen hatten und der auch nicht standortgerecht plaziert war, nicht gefällt, sondern zur künstlerischen Gestaltung freigegeben.
Der renommierte Essener Holzbildhauer Roger Löcherbach, 45, der bei einer Museumsausstellung und durch seinen Beitrag im nahen "Skulpturenwald" im Berger Park aufgefallen war, erhielt vom Hausherrn den Auftrag für eine "figurative Lösung".
Das Ergebnis: Vier Personen über- und untereinander drängen sich auf dem knappen Raum, die Skulptur reckt sich über fünf Meter hoch in den Himmel über Buer. Ein Stürzender, ein Mann, der ins Weite blickt, stehend auf einer Frau, die auch die beiden anderen Figuren an sich bindet. "Das Leben ist schön" nennt Löcherbach vieldeutig seine Arbeit ein Hingucker in hellem Holz, ungewöhnlich in der Position. Der Künstler: "Ich wollte eine Ãœbergangssituation von dramatisch zu poetisch schaffen. Mir kam es darauf an, auf engstem Raum vier ineinander verschränkte Figuren zu schaffen. Mit ziemlich freier Aussage." Prompt gab es schon Stimmen, die von "frauenfeindlich" sprechen. Löcherbach: "Baut sich nicht unsere Welt auf den Schultern der Frauen auf?" (vgl WAZ v. 30.05.2008)
Bei dem Objekt handelt es sich um eine "Skulptur auf Zeit" (Lebensdauer: etwa zehn Jahre), die sich in das Gesamtbild von Grün und Architektur vorzüglich einpasst.Â
Aus meiner Sicht ein gelungens Beispiel dafür, dass Kunst im öffentlichen Raum belebend und frisch wirkt. Der Künstler erhielt für seine gegenständliche Ausführung viele Komplimente. Schönster Beitrag von Gästen: "Hier kannze ma kucken, wat 'nen Baum für 'n Blickfang sein kann." Nachahmenswert!
Für uns sind die Stunden in GE gezählt. Morgen um sieben, wo die Welt noch in Ordnung ist, fliegen wir nach Dresden, wo wir dann für die nächsten Tage Quartier im "Deutschen Haus" in Königsbrück beziehen werden.
Natürlich werden wir uns dort auch nicht das Finale entgehen lassen, zumal es nun gegen die Spanier geht. Da wohnen dann zwei Herzen in meiner Brust, ich liebe Spanien und auch seinen Fußball, aber ich gönne auch unserem Team einen grandiosen Abschluss des Turniers und des EM-Unternehmens in den Bergen. Vielleicht scheint in Wien am Sonntag auch wieder mal die Sonne.
Natürlich werde ich immer nach einer Prognose zum Spielausgang gefragt. Nun, die Spanier haben einen alten Opa als Trainer, den 69jährigen Aragonés. Wenn wir da so richtig Gas geben würden, dann könnte uns das vielleicht als "aktive Sterbehilfe" ausgelegt werden (ich mach mal vorsichtshalber ein paar smilies dahinter) ;-)),:-)). Aber mal Spaß beiseite. Die "Selección" ist schon eine tolle Truppe mit sehr guten Mannschaftsleistungen (Prunkstück ist das Mittelfeld). Früher war die Mannschaft auch nie schlecht, bestand aber im Wesentlichen immer aus hervorragenden Solisten. Das ist dieses Mal anders.
Ich tippe mal auf einem knappen deutschen Sieg gegen die Ballzauberer von der iberischen Halbinsel, so ähnlich wie im Portugalspiel. Dann bräuchten sie auch nicht aus Dankbarkeit nach Santiago di Compostela zu pilgern und könnten sich diesen Weg sparen. Auf jeden Fall wünsche ich uns eine tolle Fiesta und ein spannendes Finale.
Ich sage dann vorerst einmal adios, Euch ein zauberhaftes Wochenende und muchos saludos!!!
Im Blog Luckilucki wird es nun in der Ferienzeit merklich ruhiger sein, wir sind nun viel unterwegs (Dresden, Mallorca, Ostsee), und Lucki wird auch versuchen, Möglichkeiten zu nutzen, den einen oder anderen Beitrag zu schreiben, wenn es die Zeit zulässt.
Also macht's gut!! Ich werde Euch vermissen! Olé olé!
Donnerstag, 26. Juni 2008
Gemeinsam
Was haben die türkische Nationalmannschaft und Lucki gemeinsam?
The answer: Beide hatten heute ihren ersten Ferientag! ...lol...
Geschafft, konnte man da nur sagen. Glück gehabt, die Zuschauer vom Zittern erlöst.
Aber seien wir ehrlich, was wir gesehen haben, war eine geschlossene Mannschaftsleistung unserer Elf und zwar eine grottenschlechte - ausnahmslos. Man war ja mitunter froh, dass kein Bild aus Wien gesendet wurde! Vom Papier her sollte eine geschwächte Bezirksligamannschaft gegen einen ehemaligen Weltmeister spielen. Auf dem Spielfeld selbst war es dann genau umgekehrt. Da täuscht auch nicht ein schmeichelhafter, glücklicher Sieg mit 3:2 Toren über die tatsächlichen Geschehnisse hinweg. Man sah eine behäbige deutsche Mannschaft ohne Selbstbewusstsein, die die Streifen statt am Schuh in der Hose trug. Sie irrte umher, hypernervös und teilweise völlig unterlegen.
Respekt gilt den überraschen stark aufspielenden Türken. Klasse Leistung, da war Bewegung im Spiel im Gegensatz zum Standfußball unseres Teams, das versuchte, sich mühsam über Wasser zu halten. Hätte die Türkei das Finale erreicht, man hätte nur gratulieren, aber sich nicht beschweren dürfen. Aber für sie gab es dieses Mal kein Happy End wie schon so oft davor.
Nun gut, eigentlich blickt man schon gar nicht mehr zurück. Man hüllt einen Mantel des Schweigens über das Gewesene, der auch die Größe eines Zirkuszeltes haben darf. Am Ende zählt nur noch der Sieg, und jetzt natürlich auch der Wunsch, im Finale den Titel zu holen - wie auch immer. Nur so recht daran glauben, dass will ich nach dieser Vorstellung selbst als Fußballpatriot nicht. Da wird mit Sicherheit ein anderes Spiellevel erwartet.
Die einzig Verlässlichen sind die Fans: Sie fuhren nach dem Spiel hupend und johlend durch die Republik wie auch hier in GE.
Wünschen wir unserer Mannschaft trotzdem viel Glück im Finale in Wien. Dann hätte sich die Bergtour am Ende doch noch gelohnt. Ich kann mich aber nicht des Eindrucks erwehren, dass zukünftig Kopfschmerz- und Beruhigungsmittel zur Standardausrüstung eines TV-EMFans gehören.
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Das Glück besteht nicht darin, dass du tun kannst, was du willst, sondern darin, dass du auch immer willst, was du tust.
Leo Tolstoi
Mittwoch, 25. Juni 2008
Gemischte Gefühle
Heute kennt man, egal wohin man auch geht, nur ein Gesprächsthema: Wer zieht ins Finale. Deutschland oder die Türkei? Das Faußballfieber kennt momentan keine Grenzen. Die Gefühle sind gemischt.
Während in anderen Städten z.B. im Oberhausener CentrOÂ ein "Public Viewing" abgesagt wurde, ist man in GE zuversichtlich. Zum Halbfinalspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wird die Wiese am Gelsenkirchener Sportparadies beim Fan-Fest richtig voll werden.
Die Veranstalter rechnen mit vielen tausend Fußballfans. Einlass ist um 17 Uhr - wer dabei sein möchte, sollte möglichst früh kommen. Denn ist das Gelände voll, werden die Tore dicht gemacht. Krawalle befürchten weder der Veranstalter noch die Gelsenkirchener Polizei. Beide sind aber auf alle Möglichkeiten vorbereitet. Dennoch hoffen alle auf eine friedliche und freundschaftliche Veranstaltung.
Im Ortsteil Hassel hat man sogar ein Spruchband gespannt. "Deutschland-Türkei Freundschaft gewinnt."
Dennoch, im Fußball, erst recht nicht im Revier, gibt es kein pflaumenweiches "sowohl als auch", auch gibt es heute kein Unentschieden. Aus meiner aktiven Zeit kannten wir nur den Spruch: "Sieg oder Blut am Schuh." Wie immer wird das Spiel auf dem Platz - heute im Baseler St. Jacob-Park - entschieden, und dort liegt dann auch letztlich alle Fußballweisheit und -wahrheit. So oder so!
Für mich ist der Spielausgang schon völlig klar. Bei normaler Spiellaune unseres Teams gibt es einen torreichen 8:1 Erfolg. Normalerweise braucht man keine Sturmspitzen, sondern nur von der Mittellinie aufs Tor zu schießen, das reicht für Rüstü!
Dann schallt es nur noch "Haydi Almanya bir gol at! Auf geht's Deutschland, schieß ein Tor" oder "Ohhh, ne kadar güzel ... Ohhh wie ist das schön...".
Soweit meine Visionen;-).
Am Ende heißt es dann bei dem Straßenfeger auf jeden Fall:
"Evinize dönebilirsiniz!" "Ihr könnt nach Hause fahr'n!"
Fragt sich dann nur wer?
Also, dann ein schönes Spiel allerseits. Béla Rethy wird's kommentieren und der Schweizer Massimo Busacca pfeifen.
Willkür
Ich wollte heute meinen Augen kaum trauen. Da sehe ich doch ein Bild des WAZ-Fotografen von dem Fan-Fest, das auch wir besuchen wollten und in der ersten Reihe gleich zwei "Lichtbildner" ...
Sind wir mit kroatischen Gästen Menschen zweiter Klasse, wird mit zweierlei Maß gemessen oder ist das Willkür des Veranstalters, ob man mit oder ohne Kamera das Fan-Fest besuchen darf? (vgl. unseren Bericht vom Vortag). Die Frage können sich unsere verehrten Leser/innen nun selbst beantworten.
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