Gedanken zur Weihnacht
Es ist schon lange her – zwei Jahrtausende – seit das bekannte Gebot von dem Kaiser Augustus ausging und Josef sich aus Galiläa aufmachte, um mit Maria nach Bethlehem zu reisen.
Viel zu lang ist es her.
Nicht nur die Zeit ist uns fern – auch das Land.
Und was gehen uns Josef und Maria an?
"und da sie selbst waren", so erzählt die alte Geschichte, "kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn. Unterwegs in einem Stall."
Aber was unterscheidet Maria von den Millionen Müttern auf den Flüchtlingsstrassen dieser Erde?
"Und sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge."
Aber was ist das Besondere?
Auch heute noch liegen in Kisten und Schachteln Millionen neu geborener Kinder in den Bretterbuden und Blechhütten am Rande der Großstädte in Afrika, Indien und Südamerika.
"Es waren Hirten auf dem Felde bei den Herden. Sie hüteten des Nachts ihre Schafe."
Sie warteten und hofften, wenn sie dazu noch die Spannkraft hatten, auf den Befreier, der Gerechtigkeit schaffen würde.
Doch das unterscheidet sie von den Getretenen und Ausgenützten rund um den Erdball.
Eines fällt auf in unserer Geschichte. Da erhob sich eine Stimme, die sprach von der "großen Freude".
Mitten in der durchschnittlichen, kaum auffälligen Geschichte; ist von einem Engel die Rede, von Klarheit, von Licht und von einer Rettung.
Aber wer soll gerettet werden und worüber sollen wir uns freuen?
In der längst vergangenen Geschichte, so sagt uns das neue Testament, liegt ein Geheimnis, und wer noch irgend Augen hat für ein schwaches, von tiefer Dunkelheit umschlossenes Licht, kann es sehen. Aber was für ein Licht und was für ein Geheimnis?
Betrachten wir das Weihnachtsbild.
Es zeigt die kleine Welt im Stall. Stroh, Balken unter dem Dach, Vieh im dunklen Hintergrund. Wir sehen das Kind, das im Stroh liegt, warm geborgen in einem Kreis von freundlichen, behutsamen Menschen.
Maria, die Mutter, ist eine einfache Frau, wie sie für viele Generationen Urbild und Inbegriff der Frau war, den Frauen in den christlichen Ländern Bild ihrer Hoffnungen und ihrer Leiden. Sie wendet sich ihrem Kind zu, das die Quelle des Glücks ist.
Was finden wir denn, wenn wir auf einem alten Bild nach dem Sinn der Heiligen Nacht suchen? Viele von uns haben ja nicht nur die Bilder verloren, sondern auch das Fest, das Singen, die Freude, die Hingabe und das Gebet.
Vielleicht führt unser Weg zu einem neuen Verstehen gar über die Weihnachtslieder, sondern über eine Begegnung mit dem erwachsenen Christus, dem Meister von Nazareth.
Wahrscheinlich müssen wir erst wieder seine Stimme gehört haben, so dass wir in ihr die Stimme Gottes vernehmen, ehe wir mit den Hirten und Engeln von Bethlehem wieder etwas anfangen können.
Vielleicht berührt es uns heute seltsam, wenn man uns sagt, die Tage des Advents seien früher die Tage der Stille gewesen. Man sei in diesen Wochen vor dem Fest einen ganz bestimmten inneren Weg gegangen, Schritt um Schritt. Man habe sich selbst geprüft und habe in den Propheten und den Evangelien die Worte nachgelesen und bedacht, die von der Ankunft Gottes reden.
Man habe es für wichtig gehalten vorbereitet zu sein, wenn nach dem Gang durch die kürzer werdenden Tage und die langen, dunklen Nächte die Krippe dastand, das Mysterium des Lebens und des Lichtes von Gott.
Vielleicht sind die Wochen des Advents für uns tatsächlich verloren, jedenfalls für einen Teil unserer Generation.
Im guten Fall bleiben uns die Tage nach dem Fest, wenn wir sie nicht wieder mit Arbeit aller Art füllen.
Vielleicht berührt uns der Sinn der Weihnachtsgeschichte nach dem Fest, wenn die Pflicht getan, die Lieder gesungen und die Kerzen abgebrannt sind, wenn das alte Jahr schließt und das neue beginnt.
Vielleicht entdecken wir rastlosen Menschen von heute eine Folge von Tagen und Nächten neu. Vielleicht wäre es ein Anfang, wenigstens die sieben Tage und Nächte zwischen dem Heiligen Abend und dem letzten Abend des Jahres wieder der Stille vor zu behalten, damit an Weihnachten noch etwas geschehen kann.
Vielleicht finden wir doch noch die Stunde, in der wir mit einem Wort oder einem Bild allein sind und in der wir mehr begreifen vom Sinn unserer Daseins als an den übrigen Tagen des Jahres.
VIELLEICHT???
Quelle: Weihnachtsbrief 2005 des Erler Kinder- und Jugendhaus St. Elisabeth Gelsenkirchen
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